Filmkritik: James Bond "Spectre"
/"Machen Sie der Sache ein Ende"
Betretene Ratlosigkeit als die Credits beginnen über die Leinwand zu flirren. 148 Minuten, die eher wie im Bummelzug vergingen anstatt wie im Fluge. Mein erster Gedanke, nachdem ich mich gesammelt hatte: "Ihr habt ihn kaputt gemacht" (Details dazu rücke ich nur unter vorgehaltener Waffe im Spoilerteil heraus).
Craig gönnt sich im Opening eine irgendwie fabelhafte und total sinnlose Avionik Einlage, die weder technisch noch inhaltlich stimmig erscheint. Macht aber nichts. Wir sind Bond und Bond ist selten wirklich logisch. Aber Bond zeichnet immer eines aus: Stil - mit einer Prise Humor - geschüttelt nicht gerührt. Der Opener verpasst beides und mündet in die Opening Credits. Ein grausiger Soundtrack krächzt uns entgegen und auch die Animationen wirken nicht wirklich "bondig". Zu real, zu wenig surreal.
Kurz läuft Bond zum Humorhöhepunkt auf, als das erste DB10 Productplacement abgefrühstückt wird. Das Kino und ich finden es lustig. Dann wird viel zu viel Auto gefahren (jetzt nervt´s schon langsam) und alte Bondzitate abgespielt. Und prompt überschreitet der Streifen die Humorgrenze in Richtung Klamauk. Zwar nur kurz aber verstörend.
Der Film wirkt in der Tat wie eine leere Hülle, osmotisch gefüllt mit Fetzen alter Bond Filme. Sowohl inhaltlich als auch bildlich. Auch das werfe ich ihm nicht vor. Der Film spielt ja schließlich noch vor "Dr No" und muss langsam anfangen, die Fäden der Vergangenheit mit der "Zukunft" vierdimensional zu verbinden. Aber wen interessiert das wirklich? Es ist ein Bond. Der sollte mitreißen und unterhalten.
Die Riege der aussergewöhnlichen Versager
Dieser Bond degradiert sich zum eher mittelmäßigen Actionstreifen mit Daniel Craig. Auch Herr Walz als Bösewicht verliert den Kampf mit dem uninteressierten Drehbuch. Seine Einführungsszene wirkt interesselos. Ich muss den Machern dieses Filmes meinen tiefsten Respekt für diese untiefe Werk aussprechen. Selten sah man eine derartige Riege an außergewöhnlichen Gentlemen (und Women) so im Handlungsmorast der Belanglosigkeit versinken.
Ich sehe in Gedanken, den Regisseur seine Checkliste abarbeiten.
- Craig - irgendwas waghalsiges mit Flugzeug - CHECK.
- Monica Belucci - der Film ist schon zu lang - mach es kurz - Gevögelt - ungerührt. CHECK.
- Walz - sagt irgendwas Trockenes und einer weint- CHECK
- ...
Am Ende
Am Ende des F1lms. Im krassen Gegensatz zum beinahe hervorragenden "Skyfall" (den ich schon mehrmals gesehen habe), werde ich diesen Bond nicht nochmal angucken. Beinahe jeder andere Film der Reihe (nehmen wir mal "Golden Eye" und "ein Quantum Trost" raus) enthält mehr BOND als dieser.
Schade.
Spoiler
Das war jetzt nicht Euer Ernst: "Ich bin Dein Bruder"? Walz als Craigs Bruder? Blofeld der Bruder von Bond (wenn auch nur adoptiert). Uff.
Das war nicht witzig. Wir sind mit diesen "Überraschungsverwandten" seit Star Wars (und etwa 30 Jahren) wirklich durch. Das macht weder Sinn, noch war es nötig. Ich fühle die Begeisterung der Autoren, die den Klassiker "Bruderzwist" aus dem Literaturkurs hervorkramen durften. Wenigstens lernen wir, wo der Superschurke seine unlustige Narbe herhat. Aber wie soll das weitergehen.
Bond ist damit "fertig" in jeder Beziehung.
Ein Moment der Rettung wäre möglich gewesen. Warum erschießt er seinen Bruder nicht? Damit wären alle "alten" Bond entwertet und die Reihe könnte "neu" weitergehen.
Aber wer will das schon, bei einem derartigen Drehbuch?